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 Da muß ich jetzt mal etwas ausführlicher werden...

1986: Eine meiner frühesten musikalischen Erinnerungen in Freiburg. Seit ein paar Monaten spiele ich mit einem gewissen Jan Fitschen in einem Trio. Der andere Mitstreiter (Lutz Rogal) liegt mir musikgeschmacklich näher, denn er ist auch bekennender Zappa Fan. Jan tut sich mit Zappa etwas schwer, hört sich die Platten, die ich ihm aufdränge, mehr um des lieben Friedens willen an; auf der anderen Seite spüre ich aber, daß ich mit Jan eine langfristige, gemeinsame Entwicklung vor mir habe, also höre ich mir auch den Kram an, den er mir aufdrängt. Um des lieben Friedens willen höre ich Sting; mit einem gewissen Interesse, aber doch noch mehr Verständnislosigkeit lasse ich die drei King Crimson Scheiben aus den 80ern laufen und dann hatte er mir auch Hounds Of Love von Kate Bush mitgegeben, das sind zu der Zeit ja ganz aktuelle Scheiben!

"Hounds" ist für meinen damaligen Geschmack schon ziemliche Mädchen - Musik, aber ich kann mich einer gewissen Sogwirkung, insbesondere der zweiten Seite nicht erwehren, und so höre ich die Platte gelegentlich nächtelang, mitunter 5 / 6 Mal am Stück. (Was damals aber nicht ungewohnlich für mich ist.) Wie sich später herausstellt, ist es wohl Jans Favorit in dem missionarischen Bündel, das er für mich geschnürt hat, und bei mir trifft sie auch einen Nerv; aber so wirklich drüber unterhalten, uns austauschen wie über die anderen Leihgaben .... Fehlanzeige. Mit der Band covern wir ein / zwei Stücke von King Crimson, am Küchentisch analysieren wir Stings Raubzüge durch das Oevre Prokofieffs ..... Kate Bush ist irgendwie nicht Thema.

 

Zeitsprung ins Jahr 2017: Für das Litfass Festival schlage ich das Motto vor "Jeder spielt ein komplettes Album". Bella, weiß ich, kann man mit Kate Bush locken, wiewohl sie nur die früheren 70er Jahre Platten kennt. Die scheinen mir aber nicht für dieses Festival geeignet: Ein bisschen Konzeptalbum soll es da schon sein. Außerdem sei es auch Jans Lieblingsalbum, falls der mitmachen wolle; letzteres sei aber auch nicht unbedingt nötig, wir könnten das auch zu zweit nur mit Stimme und Trommel machen.

Diese Behauptung hatte ich einfach mal so aufgestellt, obwohl ich die Scheibe seit Jahren nicht mehr gehört hatte. Dementsprechend stellte sie sich doch als "ambitioniert" heraus, als ich das Album ein paar Tage später endlich hervor holte. Jan war schon dringend notwendig, allerdings im ersten Moment gar nicht begeistert, eher skeptisch. Schließlich willigte er ein, es zumindest mal zu probieren, "um des lieben Friedens willen" dachte ich schmunzelnd und ebenso schmunzelnd zitieren Bella und ich seither oft Jans conditio sine qua non: "Aber gut muß es dann schon werden!"  ;-)

Kurz darauf im April erhielt Bella dann ihre Krebsdiagnose, und nach einer kurzen Schockphase fielen nun unsere Proben genau in die Zeit ihrer Chemotherapie. Zudem hatte ich Bella kurz nach der Diagnose, gewissermaßen als "Belohnung" für ihre Entscheidung, den Kampf gegen den Krebs auch mit chemischen Waffen aufzunehmen, ein Konzert im Waldsee im März 2018 - wenn alles vorbei ist! - in Aussicht gestellt. Eigentlich sollte sie sich aussuchen, was auch immer sie schon mal singen wollte mit welcher Besetzung auch immer. Im folgenden halben Jahr aber, während Bellas Arbeit an Hounds Of Love und Chemotherapie sich immer mehr, schließlich kaum trennbar verbanden, war dann auch klar, daß dieses welcome back - Konzert eben auch nur "Hounds Of Love" sein dürfte.

Der Premierentermin im September war allerdings erst mal eine Zitterpartie: Buchstäblich am Tag zuvor wußten wir erst, ob das klappen würde, denn Bella hatte in dieser Endphase wöchentlichen Chemotermin, der aber je nach Blutwert ständig wechselte. Und an so einem Chemotag spielst Du abends kein Konzert, schon gar nicht, wenn Du schon ein halbes Jahr Chemie in den Knochen hast...

Klappte dann aber, und war bemerkenswert erfolgreich, und das sicher nicht nur aus Mitleid mit der mittlerweile kahlköpfigen Sängerin. Ich glaube, wenn es nur das gewesen wäre, hätten wir es von uns aus auch bei diesem Termin und dem Abschluß im März belassen. Irgendwas seriöses, was musikalisch echtes, etwas "tiefes" (wenn ich mir so einen esoterischen Begriff erlauben darf) hatte das Projekt, vielleicht ist es das donquicotteske Gefühl, als mickeriges Trio einer so pompösen, orchestralen musikalischen Windmühle die Stirn zu bieten....

Auf jeden Fall haben wir es seither noch zu Hause als "home concert" zu Gunsten einer wirklich ansehnlichen Videoaufnahme gespielt (die kann man auf Youtube, ich glaube, unter dem Titel Bella´s Hounds Of Love finden), dann auch vor den Toren der Stadt vor gänzlich fremdem Publikum auf einem Weingut; ebenfalls höchst machbar. Wir treffen uns weiterhin zum "Hunde Proben", es bleibt work in progress und Jan nörgelt nach wie vor hier und da, zählt auch so manche Erbse, und erinnert gelegentlich an ein Elternpaar, das ihr Kind zur Kommunion ganz besonders adrett herausputzen will. Bella kann inzwischen auch die gesprochenen Gedichtspassagen auswendig, und wenn ich endlich "Under Ice" lernen würde, könnten wir das ganze auch komplett papierfrei darbieten.

Bleibt zu erwähnen, daß Bella und ich neulich tatsächlich einmal im Proberaum "Hounds zu zweit" versucht haben; nach einem ausgedehnten Kneipenbesuch und wahrlich nicht mehr ganz nüchtern. Wahrscheinlich deswegen fanden wir es auch ganz passabel -- aber wir sind auch nicht über drei Stücke hinausgekommen. Gut, daß es Jan gibt!

Andere Verwertung zumindest einzelner Lieder findet sich gelegentlich in "normalen" Konzerten, wenn Jan dabei ist, "Morning Fog" sang Bella als Gast bei Mike Keneally, und selbst in unsere frei improvisierten Konzerte z.B. mit Fernow und Borel verirrt sich ab und zu mal eine Zeile, oder gar das ganze "Cloud Busting". So hat uns diese Scheibe nun fast schon ein ganzes Jahr lang begleitet und weil es eben so ein spezielles Jahr war, wird wohl auch die Beziehung zu "Hounds" speziell bleiben. Und wohl auch noch eine ganze Weile, denke ich.

 

 Let me sleep and dream of sheep. Oooh, their breath is warm, and they smell like sleep, and they say they take me home. Like poppies heavy with seed they take me deeper and deeper.....

 
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